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Moskau Teil 2
Bei meiner Ankunft hatte ich mit dem Hotel “Late-Checkout” vereinbart. Ich kann also bis um 14:00 im Zimmer bleiben. Dies passt genau zu meinen Reiseplänen, denn ich sollte spätestens um 15:30 am Bahnhof sein.
Ich schlafe mich erst einmal richtig aus, schließlich habe ich ja Urlaub. Dann entschließe ich mich nicht wieder sofort in die Hitze nach draußen zu gehen (eigentlich wollte ich noch den Gorki-Park besuchen!) sondern im angenehm temperierten Hotelzimmer zu bleiben und Artikel für den Blog zu schreiben. Die Bildbearbeitung, die Textkorrekturen und die langsame Internetverbindung lassen die verbleibenden Zeit schnell schrumpfen.
Bevor ich auf die lange Zugfahrt gehe, sollte ich vielleicht noch etwas gutes Essen. Draußen auf der Terrasse bestelle ich den Marriott Classic Burger. Nach ein paar Minuten bringt die Kellnerin den Burger genauso wie ich ihn aus dem Marriott in London kenne. Globale Welt mit Standards. Vielleicht hätte ich doch ein nationales Gericht wählen sollen. Aber vorerst wollte ich kein Risiko eingehen.
Als ich wieder zurück in mein Zimmer will, öffnet sich die Türe nicht mehr. Bestimmt ist meine Karte falsch programmiert und weiß nichts von “Late-Checkout” Ein kurzer Besuch an der Rezeption behebt das Problem. Ich packe den Rucksack und mache mich auf den Weg nach unten. Die Rezeptionistin will von mir wissen wo ich denn jetzt hinfahre. Wahrscheinlich hat sie nicht alle Tage einen Reisenden mit Riesen-Rucksack vor sich stehen. Ich erkläre ihr meine Route und sie ist erstaunt und begeistert. Zum Abschied wünscht sie mir viel Glück. Vielleicht hat sie mehr Vorahnung von dem was kommen wird als ich.
Draußen ist es fürchterlich heiß. Nun rieche ich auch den Qualm in der Luft. Ich muss ca. 1 km zur Metro-Station laufen. Der Schweiß rinnt mir nur so runter. Völlig erschöpft erreiche ich die Metro-Station und weil ich so viel Zeit habe erhole ich mich erst einmal vor dem Kassenhäuschen und trinke eine Flasche Wasser. Das Kaufen der Fahrkarte gestaltet sich schwieriger als erwartet. Ich versuche der Schalter-Beamtin mein Reiseziel zu erklären. Sie versteht nur Bahnhof (im wörtlichen Sinne) und ich verstehe kein Wort, was sie von mir will. Ich verliere die Geduld und sage “adin Billet”. Das versteht sie und gibt mit das ersehnte Ticket, was mit 26 Rubel (0,66 Cent) sicher überzahlt ist.
Ich steige hinab in die Metro und finde sofort den richtigen Bahnsteig. Der Zug ist in der Mittagszeit nicht sehr voll und so kann ich meinen schweren Rucksack gut abstellen. Schon nach drei Stationen erreiche ich meinen Zielbahnhof, der auch gleich in der Nähe des Bahnhofs liegen soll, wo mein Zug nach Ekaterinburg (ehemals Sverdlovsk) abfahren soll.
Ich steige aus und nehme die Rolltreppe nach oben. In der Wartehalle herrscht ein Gewusel und jede Menge “zwielichtige” Gestalten hängen rum. Viele haben wegen der Hitze die T-Shirts hochgekrempelt und man sieht jede Menge nackte, dicke Männerbäuche.
Draußen vor dem Bahnhof steht ein Polizeiauto. Ich klopfe an die Scheibe und frage den Polizist in astreinem russisch, wo denn der Bahnhof Kazanskaia ist. Er sagt “Hier”. Da ich ihn wohl so unverständlich anschaue, deutet er mir mit Händen und Füssen auf ein zweites großes Portal zum Bahnhofseingang. Nach wenigen Metern erreiche ich das innen sehr dunkle Bahnhofsgebäude. Ich laufe einfach durch eine Tür in der Annahme dies sei der Weg zu den Gleisen. Plötzlich stehe ich in einer riesigen sehr schön ausgestatteten Wartehalle mit einer sehr schön bemalten Decke. Ich suche mir ein ruhiges Plätzchen und versuche etwas meinen überall rinnenden Schweiß zu trocknen. Plötzlich stürzt eine Frau Typ russischer Feldmarschall auf mich zu und redet unablässig auf Russisch. Ich zucke nur die Schulter? Dann sagt sie “Money, money” und mir wird klar, dass man hier Eintritt zahlen muss. Sie sagt eine Zahl die ich nicht richtig verstehe, weiß aber dass es mehr als 100 ist. Ich gebe ihr 200 Rubel, die sie mir sofort aus den Händen reißt. Nach wenigen Augenblicken bringt sie mir das Wechselgeld zurück und ich weiß jetzt dass die Zahl 160 war (4 EUR). Aber das ist es wert. Es gibt kostenlos WiFi und die Sessel sind sehr breit und komfortabel.
Ich melde mich telefonisch kurz bei meiner Familie und schon taucht noch ein kleineres EDV-Problem zuhause auf, was ich dank WIFI und Laptop schnell fixen kann. Einfach unvorstellbar, man sitzt in Moskau 2000 km von daheim entfernt und arbeitet mal schnell ein paar Minuten auf dem heimischen PC als wäre man dort!
Kurz vor 16:00 werde ich unruhig, weil ich immer noch nicht weiß wo die Gleise sind. Ich packe meine Sachen und gehe in die dunkle Bahnhofshalle. Plötzlich entdecke ich die hochmoderne digitale Anzeigetafel der ankommenden und abfahren Züge. Mein Zug steht auch schon auf der Tafel (in Russisch, gut dass ich wenigstens die Zeichen lesen kann und weiß dass Ekaterinburg früher mal Sverdlovsk hieß). Der Bahnsteig ist noch nicht genannt. Es ist wohl mit 50 Minuten bis zur Abfahrt doch noch zu früh. Ich lasse mich in der Nähe eines russischen Paares nieder und habe das Glück, das der Fächer der Frau auch mir die kühle Luft zu wedelt.
Nach ein paar Minuten zeigt die Anzeige Gleis 2. Ich sehe die Ausgänge zu den Gleisen und komme an die Bahnsteige. Die Größe des Bahnhofs ist überwältigend und mit Frankfurt durchaus zu vergleichen. In der Halle wimmelt es von Menschen. An Gleis 2 steht noch kein Zug und so heißt es weiter warten. Mit meinem schweren Rucksack suche ich mir ein gutes Plätzchen und warte geduldig auf die Ankunft des Zuges. Nach weiteren paar Minuten kommt der Zug in den Bahnhof eingefahren. Ich suche den Wagen Nr. 6. Beim Laufen entlang des Zuges merke ich, dass die Nummerierung bei 1 beginnt, wie erwartet, ich also 6 Wagons nach vorne laufen muss. An der Tür steht schon eine sehr junge und bildhübsche Provodnitza (Schaffnerin) der ich mein total durchnässtes Ticktet zeige. Sie prüft es sorgfältig, will dann noch meinen Pass sehen und sagt mir auf Russisch, dass ich gleich das erste Abteil habe. Ich steige ein und bin sehr überrascht von dem Luxus des Abteils. Alle ist sehr geräumig, viel geräumiger als in dem Zug von Deutschland nach Moskau. Es kommt auch kein weiterer Gast und ich bleibe allein im Abteil. Es ist angenehm temperiert (nicht zu kalt) und ich fühle mich richtig wohl. Pünktlichst setzt sich der Zug in Bewegung Richtung Ekaterinburg. Wir fahren durch die Vorstädte Moskaus. Schnell sind bald keine Häuser mehr zu sehen. Nur noch endlose Misch- und Birkenwälder. Man sieht den Rauch in der Luft immer dichter werden. Mittlerweile kann ich kaum mehr 100 Meter in die Landschaft schauen. Alles sieht wie in dichtem Nebel aus. Auch riecht man jetzt den Rauch im Zug und die Klimaanlage wird zeitweise abgestellt. Ab und zu sieht man mal an der Strecke verkohlte Waldbereiche. Hier muss es erst vor kurzem gebrannt haben. Auch sieht man viele Waldarbeiter, die den 20 Meter-Bereich neben den Gleisen abholzen um eine Brandschneise zu haben. Das geht ca. 6 Stunden(also ca. 600 km) so weiter. Die Provodnizas kommen alle paar Minuten und fragen ob ich etwas essen oder trinken möchte. Ein Bier genehmige ich mir und gehe dann schön müde in meine sehr bequeme Koje, die mindestens 20 cm länger ist als in dem letzten Zug.
Moskau Teil 1
Ich wache vom Schnarchen der Damen unter mir auf. Hoffentlich habe ich nicht die ganze Nacht geschnarcht, dass sie nun den Schlaf der Nacht nachholen müssen. Aber ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich noch über zwei Stunden Zeit bis zur Ankunft in Moskau habe. Also noch ein wenig gedöst, aber dann kommt langsam Unruhe ins Abteil. Die Damen stehen auf und wollen sich für die Ankunft in Moskau schick machen. Also verlasse ich das Abteil und schau draußen aus dem Fenster. Über der ganzen Landschaft liegt ein seltsamer Nebel, dachte ich erst, aber dann kommt mir der Gedanke, dass das nur der Rauch von den Waldbränden sein kann. Da der Zug hermetisch abgeriegelt ist, riecht man das aber nicht. Je näher wir Moskau kommen umso dicker wird der Qualm. Abgebrannte Wälder oder Felder sehe ich nicht.
Nur wenig später fahren wir pünktlich auf die Minute in den top renovierten Bahnhof Belorusskaja ein. Alles sieht sehr sauber und neu gemacht aus. Überall digitale Anzeigen und modernes Equipment. Mein Abholer Pavel ist nicht am Bahnsteig, aber schon nach einer Minute klingelt mein Blackberry und Pavel meldet sich. Er ist im Stau stecken geblieben und nun zu Fuß auf dem Weg zum Bahnhof. Ich soll schon auf den Bahnhofsvorplatz kommen. Aber vor lauter russischen Schildern, die ich nicht sofort lesen kann, nehme ich natürlich den falschen Ausgang. Von Pavel weit und breit keine Spur. Dank Mobilkommunikation sage ich Pavel, dass ich zurück zum Zug gehe. Dort sehe ich ihn dann schon und begrüße ihn herzlich. Er hat mir bei der Organisation der Reise enorm geholfen und mich in allen Fragen sehr unterstützt.
Da Pavel sein Auto einfach in der Stadt im Stau hat stehen lassen, müssen wir nun ein Taxi zum Hotel nehmen. Draußen ist es unendlich heiß, ich schätze mindesten 38 Grad. Weit und breit ist kein Taxi zu sehen, obwohl viel Verkehr auf der Straße ist. Pavel spricht einfach einen Mann an, der wartend in seinem Privatauto sitzt. Sie vereinbaren wohl den Preis und los geht die Fahrt. Obwohl der Fahrer ein TomTom Navi hat findet er nicht den Weg und Pavel muss ihm erklären wie er fahren soll. Ja als Ausländer hätte man jetzt allein in einer solchen Situation schlechte Karten.
Ich wohne im Marriott Aurora, was ich schon von meinen Dienstreisen nach Moskau kenne. Ich werde herzlich an der Rezeption begrüßt (Computer merken sich ja, dass ich schon mal da war!) und bekomme schon sehr früh (es ist ja gerade erst 11:00) ein sehr schönes Zimmer mit allem Komfort. Ich freue mich auf die Dusche!
Frisch geduscht mache ich mich auf den Weg um die Stadt zu erkunden. Ich will wegen der Hitze nicht soweit laufen und bleibe im Gebiet um den Kreml, wo sich auch mein Hotel befindet. Ich war schon sehr oft dienstlich in Moskau, hatte aber bisher nie die Gelegenheit den Kreml von innen anzuschauen. Aber erst einmal stärke ich mich bei MC. Drinnen herrscht ein Andrang wie ich es nie erlebt habe. Heute ist der Tag der Marine und überall in der Stadt laufen grölende, betrunkene Marine-Soldaten durch die Stadt und wehen mit ihren blauen Fahnen. Begleitet werden sie von russischen Schönheiten.
Bei MC erlebe ich eine ganz neue Anwendung von Mobile-Computing. Ein Mitarbeiter von MC mit einem mobilen Computer fragt die in der Schlange wartenden Menschen nach ihren Wünschen und erfasst über ein paar Klicks den Auftrag. Für dumme Ausländer wie mich hat er eine Bildertafel dabei und ich muss nur auf die Bildchen zeigen. Danach gibt er mir einen Zettel mit der Bestellnummer. Die Kassiererin kann nun mit der Bestellnummer den Auftrag in die Kasse holen und die Bearbeitungszeit beschränkt sich auf das Holen der bestellten Artikel. Irgendwie eine klasse Idee!
Draußen schaue ich dem Treiben der Soldaten zu und führe mein vorerst letztes Dienstgespräch mit meinem Vertreter. Er ist erst heute aus dem Urlaub zurück gekommen und wir hatten keine Gelegenheit zur Übergabe der “Amtsgeschäfte”. Es liegt aber nicht viel an und so kann ich mich auf den Weg zu Kreml machen.
Vor der Brücke zum Kreml ist eine lange Schlange, weil jeder Besucher intensiv untersucht wird. Alle müssen durch eine Sicherheitsschleuse wie am Flughafen. Ich habe ein Ticket für die Architektur des Kreml. Es gibt x-verschiedene Touren und Möglichkeiten der Besichtigung. Schon die ersten Blicke hinter der Kreml-Mauer sind beeindruckend. Überall vergoldete Kirchtürme und ein Prunk wie man ihn selten so konzentriert an einem Ort sehen kann. Ich mache mich auf den Weg von Kapelle zu Kapelle und bin beeindruckt von den kunstvollen Werken. Leider ist überall das Fotografieren im Inneren verboten und die Einhaltung des Verbotes wird auch streng kontrolliert. Ich wandere noch ein wenig durch die sehr schöne Parkanlage und entdecke die große Zaren-Glocke. Sie muss ein unvorstellbares Gewicht haben.
Die Hitze macht mir schwer zu schaffen und ich will in das gut klimatisiert Kaufhaus GUM flüchten, was ich schon von meinen vorherigen Besuchen kenne. Aber leider ist heute der Rote Platz hermetisch abgeriegelt, wohl aus Angst vor Randale der besoffenen Marine-Soldaten. Ich finde aber einen alternativen Weg und erhole mich etwas im Kaufhaus. Überall nur schickste Geschäfte und Boutiquen. In einem Nebengang entdecke ich eine Automobilausstellung von Audi. Audi hat wohl sein gesamtes Museum und jede Menge edle Neuwagen nach Moskau verbracht um hier zahlungskräftige Russen zum Einkaufen zu bewegen. Im neuen Audi A8 räkelt sich eine junge russische Schönheit und preist die Vorzüge des Autos an. Ja, so verkauft man Autos in Russland.
Ich mache mich auf den Weg zurück zum Hotel und suche nach einem Supermarkt um noch ein paar Kleinigkeiten für die kommende Zugfahrt zu besorgen. In dem Gebiet um den Kreml sind aber nur Luxusgeschäfte und kein normaler Supermarkt. Ich versuche mein Glück im noblen Kaufhaus Tsum, was in direkter Nachbarschaft zum Bolschoi-Theater liegt. Im Untergeschoss werde ich fündig und ich lande im noblen Lebensmittelmarkt. Hier gibt es alle Köstlichkeiten dieser Welt und sehr ausgefallene Spezialitäten. Auf die Preis darf man auch nicht genau schauen, sonst wird einem schwindelig. Ich kaufe nur etwas Instant-Kaffee, Wasser und zwei Äpfel. Dafür rappe ich fast 20 EUR!
Zurück im Hotel entspanne ich etwas für den kommenden Abend. Ich habe Pavel und meine Ex-Kollegin Fargane zum Abendessen eingeladen. Pavel hat einen Tisch auf dem Dinner-Boot des Radisson-Hotels gebucht. Wir sind um 19:45 in der Lobby verabredet. Schon am Morgen hatte ich Pavel gefragt, ob das ausreichend ist. Das Schiff legt pünktlich um 20:30 ab. Pavel meinte aber, dass dies vollkommen ausreicht. Fargane ist pünktlich in der Hotelhalle. Wir begrüßen uns herzlich. Sie war die HR-Managerin in unserem Büro in Moskau und hat in Halle studiert. Deswegen spricht sie auch hervorragend deutsch. Nur Pavel ist wieder mal nicht da. Er steckt mit dem Fahrer im Stau. Wir laufen ihm zwei Straßen entgegen und dann können wir im Stau in den noblen Audi A8 von unserem Büro steigen. Der Fahrer gibt sein letztes um uns pünktlich zum Pier zu bringen. Mit der letzten Durchsage erreichen wir das Schiff und rennen an Bord.
Alles ist sehr modern und nagelneu. Viele Kellner kümmern sich um unser Wohl. Wir genießen die Ausblicke auf Moskau von der Moskwa aus und reden über alte Zeiten. Ein sehr gelungener Abend!
Der Fahrer bringt mich zurück zum Hotel und ich vereinbare mit Pavel, dass ich morgen alleine zum Bahnhof fahren kann. Fargane erklärt mir nochmal genau die Metrostationen. Nun sollte es kein Problem sein den Bahnhof zu finden.
Müde falle ich ins Bett und schlafe sofort ein.
Stadtbesichtigung Moskau
den Bericht über meine Erlebnisse in Moskau schreibe ich im Zug nach Ekaterinburg. Also bitte noch um etwas Geduld. Jetzt muss ich packen und mich auif dem Weg zum Bahnhof machen.