Moskau Teil 1
Ich wache vom Schnarchen der Damen unter mir auf. Hoffentlich habe ich nicht die ganze Nacht geschnarcht, dass sie nun den Schlaf der Nacht nachholen müssen. Aber ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich noch über zwei Stunden Zeit bis zur Ankunft in Moskau habe. Also noch ein wenig gedöst, aber dann kommt langsam Unruhe ins Abteil. Die Damen stehen auf und wollen sich für die Ankunft in Moskau schick machen. Also verlasse ich das Abteil und schau draußen aus dem Fenster. Über der ganzen Landschaft liegt ein seltsamer Nebel, dachte ich erst, aber dann kommt mir der Gedanke, dass das nur der Rauch von den Waldbränden sein kann. Da der Zug hermetisch abgeriegelt ist, riecht man das aber nicht. Je näher wir Moskau kommen umso dicker wird der Qualm. Abgebrannte Wälder oder Felder sehe ich nicht.
Nur wenig später fahren wir pünktlich auf die Minute in den top renovierten Bahnhof Belorusskaja ein. Alles sieht sehr sauber und neu gemacht aus. Überall digitale Anzeigen und modernes Equipment. Mein Abholer Pavel ist nicht am Bahnsteig, aber schon nach einer Minute klingelt mein Blackberry und Pavel meldet sich. Er ist im Stau stecken geblieben und nun zu Fuß auf dem Weg zum Bahnhof. Ich soll schon auf den Bahnhofsvorplatz kommen. Aber vor lauter russischen Schildern, die ich nicht sofort lesen kann, nehme ich natürlich den falschen Ausgang. Von Pavel weit und breit keine Spur. Dank Mobilkommunikation sage ich Pavel, dass ich zurück zum Zug gehe. Dort sehe ich ihn dann schon und begrüße ihn herzlich. Er hat mir bei der Organisation der Reise enorm geholfen und mich in allen Fragen sehr unterstützt.
Da Pavel sein Auto einfach in der Stadt im Stau hat stehen lassen, müssen wir nun ein Taxi zum Hotel nehmen. Draußen ist es unendlich heiß, ich schätze mindesten 38 Grad. Weit und breit ist kein Taxi zu sehen, obwohl viel Verkehr auf der Straße ist. Pavel spricht einfach einen Mann an, der wartend in seinem Privatauto sitzt. Sie vereinbaren wohl den Preis und los geht die Fahrt. Obwohl der Fahrer ein TomTom Navi hat findet er nicht den Weg und Pavel muss ihm erklären wie er fahren soll. Ja als Ausländer hätte man jetzt allein in einer solchen Situation schlechte Karten.
Ich wohne im Marriott Aurora, was ich schon von meinen Dienstreisen nach Moskau kenne. Ich werde herzlich an der Rezeption begrüßt (Computer merken sich ja, dass ich schon mal da war!) und bekomme schon sehr früh (es ist ja gerade erst 11:00) ein sehr schönes Zimmer mit allem Komfort. Ich freue mich auf die Dusche!
Frisch geduscht mache ich mich auf den Weg um die Stadt zu erkunden. Ich will wegen der Hitze nicht soweit laufen und bleibe im Gebiet um den Kreml, wo sich auch mein Hotel befindet. Ich war schon sehr oft dienstlich in Moskau, hatte aber bisher nie die Gelegenheit den Kreml von innen anzuschauen. Aber erst einmal stärke ich mich bei MC. Drinnen herrscht ein Andrang wie ich es nie erlebt habe. Heute ist der Tag der Marine und überall in der Stadt laufen grölende, betrunkene Marine-Soldaten durch die Stadt und wehen mit ihren blauen Fahnen. Begleitet werden sie von russischen Schönheiten.
Bei MC erlebe ich eine ganz neue Anwendung von Mobile-Computing. Ein Mitarbeiter von MC mit einem mobilen Computer fragt die in der Schlange wartenden Menschen nach ihren Wünschen und erfasst über ein paar Klicks den Auftrag. Für dumme Ausländer wie mich hat er eine Bildertafel dabei und ich muss nur auf die Bildchen zeigen. Danach gibt er mir einen Zettel mit der Bestellnummer. Die Kassiererin kann nun mit der Bestellnummer den Auftrag in die Kasse holen und die Bearbeitungszeit beschränkt sich auf das Holen der bestellten Artikel. Irgendwie eine klasse Idee!
Draußen schaue ich dem Treiben der Soldaten zu und führe mein vorerst letztes Dienstgespräch mit meinem Vertreter. Er ist erst heute aus dem Urlaub zurück gekommen und wir hatten keine Gelegenheit zur Übergabe der “Amtsgeschäfte”. Es liegt aber nicht viel an und so kann ich mich auf den Weg zu Kreml machen.
Vor der Brücke zum Kreml ist eine lange Schlange, weil jeder Besucher intensiv untersucht wird. Alle müssen durch eine Sicherheitsschleuse wie am Flughafen. Ich habe ein Ticket für die Architektur des Kreml. Es gibt x-verschiedene Touren und Möglichkeiten der Besichtigung. Schon die ersten Blicke hinter der Kreml-Mauer sind beeindruckend. Überall vergoldete Kirchtürme und ein Prunk wie man ihn selten so konzentriert an einem Ort sehen kann. Ich mache mich auf den Weg von Kapelle zu Kapelle und bin beeindruckt von den kunstvollen Werken. Leider ist überall das Fotografieren im Inneren verboten und die Einhaltung des Verbotes wird auch streng kontrolliert. Ich wandere noch ein wenig durch die sehr schöne Parkanlage und entdecke die große Zaren-Glocke. Sie muss ein unvorstellbares Gewicht haben.
Die Hitze macht mir schwer zu schaffen und ich will in das gut klimatisiert Kaufhaus GUM flüchten, was ich schon von meinen vorherigen Besuchen kenne. Aber leider ist heute der Rote Platz hermetisch abgeriegelt, wohl aus Angst vor Randale der besoffenen Marine-Soldaten. Ich finde aber einen alternativen Weg und erhole mich etwas im Kaufhaus. Überall nur schickste Geschäfte und Boutiquen. In einem Nebengang entdecke ich eine Automobilausstellung von Audi. Audi hat wohl sein gesamtes Museum und jede Menge edle Neuwagen nach Moskau verbracht um hier zahlungskräftige Russen zum Einkaufen zu bewegen. Im neuen Audi A8 räkelt sich eine junge russische Schönheit und preist die Vorzüge des Autos an. Ja, so verkauft man Autos in Russland.
Ich mache mich auf den Weg zurück zum Hotel und suche nach einem Supermarkt um noch ein paar Kleinigkeiten für die kommende Zugfahrt zu besorgen. In dem Gebiet um den Kreml sind aber nur Luxusgeschäfte und kein normaler Supermarkt. Ich versuche mein Glück im noblen Kaufhaus Tsum, was in direkter Nachbarschaft zum Bolschoi-Theater liegt. Im Untergeschoss werde ich fündig und ich lande im noblen Lebensmittelmarkt. Hier gibt es alle Köstlichkeiten dieser Welt und sehr ausgefallene Spezialitäten. Auf die Preis darf man auch nicht genau schauen, sonst wird einem schwindelig. Ich kaufe nur etwas Instant-Kaffee, Wasser und zwei Äpfel. Dafür rappe ich fast 20 EUR!
Zurück im Hotel entspanne ich etwas für den kommenden Abend. Ich habe Pavel und meine Ex-Kollegin Fargane zum Abendessen eingeladen. Pavel hat einen Tisch auf dem Dinner-Boot des Radisson-Hotels gebucht. Wir sind um 19:45 in der Lobby verabredet. Schon am Morgen hatte ich Pavel gefragt, ob das ausreichend ist. Das Schiff legt pünktlich um 20:30 ab. Pavel meinte aber, dass dies vollkommen ausreicht. Fargane ist pünktlich in der Hotelhalle. Wir begrüßen uns herzlich. Sie war die HR-Managerin in unserem Büro in Moskau und hat in Halle studiert. Deswegen spricht sie auch hervorragend deutsch. Nur Pavel ist wieder mal nicht da. Er steckt mit dem Fahrer im Stau. Wir laufen ihm zwei Straßen entgegen und dann können wir im Stau in den noblen Audi A8 von unserem Büro steigen. Der Fahrer gibt sein letztes um uns pünktlich zum Pier zu bringen. Mit der letzten Durchsage erreichen wir das Schiff und rennen an Bord.
Alles ist sehr modern und nagelneu. Viele Kellner kümmern sich um unser Wohl. Wir genießen die Ausblicke auf Moskau von der Moskwa aus und reden über alte Zeiten. Ein sehr gelungener Abend!
Der Fahrer bringt mich zurück zum Hotel und ich vereinbare mit Pavel, dass ich morgen alleine zum Bahnhof fahren kann. Fargane erklärt mir nochmal genau die Metrostationen. Nun sollte es kein Problem sein den Bahnhof zu finden.
Müde falle ich ins Bett und schlafe sofort ein.