Archiv für die Kategorie „Frankfurt - Moskau“

postheadericon Fahrt nach Moskau 2. Teil

Gegen 16:00 erreichen wir den polnischen Grenzbahnhof Terespol. Der Zoll kommt in den Wagon und kontrolliert mit hochmodernen Umhänge-Computern die Pässe der Reisenden. EU machst möglich. Die deutsche Familie und ich werden sehr schnell abgefertigt, bei den Russen schauen sie etwas genauer in den Pass und stempeln ihn ab. Alles in allem dauert die Prozedur nicht viel Zeit und wir fahren über eine alte Eisenbahnbrücke über den Grenzfluss Bug in den weissrussischen Grenzbahnhof Brest. Die Grenze erinnert mich extrem an die Grenze zur DDR. Jede Menge hohe Zäune, ein frisch gehakter Grenzstreifen, Stacheldraht überall und viele Scheinwerfer, die das Ganze in der Nacht wohl taghell erleuchtet. Wegen der vielen “Ofiziellen” im Zug entschliesse ich mich, meine Kamera in der Tasche zu lassen.

Nun kommen die weissrussischen Zöllner und nehmen uns erst einmal die Pässe ab. Irgendwie kommt Unbehagen in mir hoch, aber die anderen Fahrgäste zischeln mir zu, dass dies ganz normal ist. Besonders die Russen haben jede Menge Respekt vor den Zöllnern. Nur David (11 Jahre) nebenan hat dafür überhaupt kein Verständnis, dass er jetzt wegen dem Zoll an der Weiterfahrt gehindert wird.

Eine andere Truppe kommt durch den Zug und inspiziert das Abteil genauer und fragt bei jedem Koffer und Gegenstand nach dem Besitzer. Sie machen das aber nicht sehr gründlich und sind auch insgesamt sehr desinteressiert. Auch diese Prozedur ist bald vorüber und wir werden rückwärts in eine Wagenhalle buchsiert. Dort bekommen wir die Räder gewechselt, weil in Russland die Schienen breiter verlegt sind. Was für ein Aufwand, der da jeden Tag gemacht werden muss. Ich höre, dass dies eine sehr beliebte, weil sehr sichere und gut bezahlte Arbeit ist.

Die Wagen werden alle voneinander getrennt und in einzelne Wagenheber-Gestelle gefahren. Eine Drehspindel hebt den ganzen Wagon an, nachdem die Wagengestelle gelöst wurden. Der Austausch dauert insgesamt ca. 1 Stunde. Russische Frauen (einen einzelnen Mann habe ich auch gesehen) verkaufen an den Bahnhöfen Lebensmittel und Getränke. Der Konkurrenzkampf ist gross und selbst in der Wagenhalle entern sie die Wogons um ihre Sachen zu verkaufen. Später höre ich, dass die jüngeren Frauen den älteren Frauen verbieten als erste die Wagons zu stürmen. So bleibt den älteren nur das Restgeschäft am Bahnsteig. Viele Frauen überleben wohl nur auf diese Art, weil die Rente einfach nicht zum Leben reicht.

Im Abteil wird es unerträglich heiss. Die Klimaanlage ist seit drei Stunden abgestellt und ich schwitze unerträglich. Aber bald geht die Fahrt ja weiter und dann gibt es auch wieder eine Klimaanlage.

In Weissrussland wird zum ersten Mal die Uhr umgestellt. Es ist jetzt schon eine Stunde später als in Deutschland.

Pünktlich um 19:32 verlässt der Zug den Bahnhof Brest und wir machen uns auf die lange Reise durch Weissrussland nach Moskau. Es wird gemütlich im Abteil und Frau Arutjunov lädt mich zum Abendessen ein. Sie hat Unmengen an Lebensmitteln dabei. Improvisiert wird der “Tisch” auf dem Bett gedeckt und wir reden über Gott-und-die-Welt.

Nach einiger Zeit gehe ich in mein Abteil und fühle mich so müde von der Hitze der vergangenen Stunden, dass ich sofort in meine Koje steige und gleich einschlafe.

postheadericon Fahrt nach Moskau 1. Teil

Um 03:00 in der Nacht werde ich durch das Klopfen an der Türe wach. Wir sind in Hannover angekommen. Eine weitere Frau betritt das Abteil und legt sich in das mittlere Bett. Es herrscht sofort wieder Ruhe im Abteil aber ich kann erst einmal nicht mehr einschlafen. Am Rucken des Zuges erkennt man, dass Wagen ab- und wieder angekoppelt werden. Der Kopenhagen-Teil löst sich von uns und dafür bekommen wir noch ein paar Wagen, aus Amsterdam kommend, angehängt.
Aber irgendwann war ich wohl doch so müde, dass ich wieder eingeschlafen bin.
Die Sonne im Abteil weckt mich. Die Aussenfenster sind nicht verdunkelt aber ich kann aus dem obersten Bett wegen des spitzen Winkels kaum aus dem Fenster schauen. Ich sehe nur die Nachbargleise von hier oben.
Nach ein paar Minuten Dösen entscheide ich, doch mal aus dem Bett zu kriechen. Der Abstieg ist mühsam, alles ist sehr eng in dem Abteil. Der Waschraum mit Toilette ist zu meiner Überraschung sehr sauber und ordentlich. Nach einer Katzenwäsche komme ich zurück ins Abteil und wechsle ein paar Worte mit der Frau aus dem untersten Bett. Sie spricht überraschend gutes Deutsch. Sie kommt gerade von einem dreiwöchigen Urlaub aus Radolfszell und hat dort jeden Tag einen Deutschkurs absolviert.

Mein Magen knurrt und der Schaffner bietet mir den Speisewagen an. Ich mache mich auf den Weg und nach zwei Wagen erreiche ich den Speisewagen in nostalgischem östlichen Stil. Der polnische Kellner serviert mir ein gutes und reichhaltiges Frühstück für 5 EUR, nur der Kaffee könnte besser sein. Ich kann direkt in EUR bezahlen. Mal schauen wie das in den russischen Zügen wird.

Gegen 11:00 erreichen wir Warschau. Im Nachbarabteil sitzt eine Mutter mit ihrem 11 jährigen Sohn. Ich komme schnell in Kontakt, auch weil sie perfektes Deutsch sprechen. Sie erklärt mir die jetzt kommenden Prozeduren. Erst werden die Wagen neu zusammen gestellt, aus diesem Grund fahren wir einige Male auf dem Gleis hin und her. Danach noch die Pass- und Zollkontrolle von Weissrussland. Um 13:00 soll es dann weitergehen. Wir haben jetzt sogar die Zeit den Zug zu verlassen und einige Bilder zu machen. Ein kurzer Spaziergang auf den Bahnhofvorplatz folgt. Weil wir aber das Gepäck in dem Zug nicht solange alleine lassen wollen (die Techniktasche habe ich aber stets immer dabei!) kehren wir zum Zug zurück. Die Klimaanlage ist abgestellt und der Zug heizt sich in der Mittagssonne schnell auf. Aber bald geht es weiter und dann wird auch die Klimaanlage wieder funktionieren.

Mehr folgt dann….

postheadericon Abschied

Der Samstag verging im Fluge. Am morgen bin ich schon sehr früh wach geworden, wahrscheinlich war es dann doch ein wenig Aufregung vor der großen Reise. Nach dem Frühstück habe ich dann noch die letzten Dinge am Schreibtisch erledigt, Emails beantwortet, die letzten Rechnungen überweisen etc. Dann noch schnell ein paar letzte Dinge in der Stadt besorgt.

Und nun hatte ich alle Zeit der Welt, dachte ich. Als ich dann um 17:00 mit dem Packen des Rucksacks begann schwanden die Minuten wie Eis in der Sonne und es kam leichte Panik in mir auf. Aber dank der Hilfe meiner Frau, die das alles sehr gut vorbereitet hat, hat dann doch alles in den Rucksack gepasst. Beim ersten Probetragen dachte ich, ich breche zusammen. Warum muss du eigentlich so viel Zeug mit dir rumschleppen. Auch die “Techniktasche” mit Laptop, iPad, Kamera und Zubehör wurde immer dicker und schwerer.

Die Kinder hatten dann ein “Abschieds”-Barbeque vorbereitet und ich konnte meine letzte “ordentliche” Mahlzeit zu mir nehmen. Eine klasse Idee von den Kindern!

Ab 20:00 war ich dann richtig nervös. Die Minuten verrannen nur schleppend bis zur Abfahrt zum S-Bahnhof Darmstadt-Arheilgen. Als wir mit den AUtos dort eintrafen (die ganze Familie mit meinem Gepäck hat einfach nicht in ein AUto gepasst) warten dann schon unsere Freunde, die Familie Gill, am Bahnsteig mit einer Flasche Sekt. Der Abschied war sehr herzlich und für mich auch sehr emotional. Noch nie bin ich solange von meiner Frau und meiner Familie getrennt gewesen.

Als ich dann in der S-Bahn saß legte sich meine Aufregung völlig. Nun war der Start gemacht und das Programm wird nach Plan abgespult. Durch die frühe Abreise hatte ich auch keine Sorge den Zug in Frankfurt verpassen zu können. In Frankfurt-Südbahnhof habe ich dann auch schnell den Bahnsteig gefunden, wo mein Nachtzug direkt nach Moskau abfahren würde. Kuze Zeit später hatte ich die Bestätigung auf der Anzeige. Die erste Hälfte des Zuges fährt direkt nach Kopenhagen, die hintere nach Moskau. Am gegenüberliegenden Bahnsteig gröhlten 4 total betrunkene Jugendliche.

Pünktlich um 22:18 fuhr der Zug in den Bahnhof ein. Ich setzte meinen schweren Rucksack auf und suchte meinen Wagon Nr. 265. Als ich die Stufen erklommen hatte, kam mir der Schaffner entgegen und ich musste nochmal rückwärts aussteigen. Durch den hohen Schwerpunkt des Rucksacks verlor ich fast das Gleichgewicht und nur mit Mühe konnte ich einen Sturz auf den Bahnsteig verhindern. Dann wollte der Schaffner auch noch vor dem Zug meine Fahrkarte sehen, die ich natürlich tief unten in meiner Umhängetasche verstaut hatte. Er nahm mir dann die Fahrkarte ab und sagte mir in Moskau würde ich sie zurück bekommen. Keine Ahnung warum das so gemacht wird. Bei den nächsten Zugfahrten weiss ich das jetzt. Kontrolliert wird immer VOR dem Zug und nicht im Zug!

Der Gang zum Abteil war so schmal, dass mein Rucksack auf beiden Seiten die Wände berührt hat. Zum Glück kam mir niemand entgegen. Die Nummer des Abteils war schnell gefunden und ich klopfte an die verschlossene Türe. Als ich die Türe öffnete war ich ziemlich überrascht. Im untersten Bett schlief eine ältere Frau, die mindestens genauso erstaunt war wie ich. Die Schalterbeamtin in Frankfurt, bei der ich die Fahrkarte gekauft habe, sagte mir nämlich, dass die Abteile anders als in Russland nach Geschlechtern getrennt sind. Aber wahrscheinlich ist der Zug wegen der Ferienzeit komplett belegt und es ergab sich damit keine andere Möglichkeit.

Ich bin dann sofort über eine Aluleiter in das oberste Bett gestiegen und nachdem die Frau das Licht ausgemacht hat auch sofort eingeschlafen.