Sapporo im Schnelldurchgang
Heute habe ich mir mal ein Frühstück im Hotel geleistet. Es hat die stolze Summe von 1.500 Yen gekostet (fast 15 EUR). Als ich den Frühstücksraum betrete, sitzen schon eine Menge Japaner in den japanischen Schlafanzügen und weißen Schlappen beim Frühstücken. Endlich entdecke ich auch “normal” gekleidete Menschen. Ich hatte schon einen Schreck bekommen und wollte gerade wieder hoch auf mein Zimmer um mich umzuziehen.
Das Buffet bietet Allerlei. Die meisten Sachen sind nur schwer identifizierbar, ich probiere mal hier und mal da, meistens ist es Fisch. Dann nehme ich noch etwas von dem europäischen Buffet, das aber lange nicht so gut schmeckt wie bei uns. Ich bleibe also bei den japanischen Speisen und esse noch eine leckere Fischsuppe mit Gemüse. Auch trinke ich hier seit fast einem Monat meine erste Tasse Kaffee.
Gut gestärkt und gelaunt mache ich mich zu Fuß auf den kurzen Weg zum Bahnhof. Mein Zug fährt um 07:10 ab. Viel zu früh erreiche ich das Bahnhofsgebäude und es stehen bereits eine Menge Passagiere fein aufgereiht vor dem Zugang zum Bahnsteig. In Japan werden die Fahrkarten vor dem Betreten des Bahnsteiges entweder automatisch oder durch Personal kontrolliert, dann mindestens einmal im Zug und ein weiteres Mal beim Verlassen der Station. Wenn man weiter gefahren ist, als auf der Fahrkarte angegeben, muss man dann an der Kontrollstelle nachzahlen.
Ich habe für diesen Zug keinen reservierten Platz. Als ich aus Versehen in das Abteil mit den reservierten Plätzen einsteige, schickt mich der Schaffner umgehend wieder raus. Weiter vorne ist der Wagen für die Passagiere, die keinen fest reservierten Sitzplatz haben. Da dies aber der Start des Zuges ist, und in Wakkanai nicht wirklich viel los ist, bekomme ich ohne Probleme einen Sitzplatz am Fenster. Kurze Zeit setzt sich neben mich ein ganz und gar nicht japanisch aussehender Mann und im Gang gegenüber eine ohne Zweifel japanische Frau. Ich komme mit dem Mann ins Gespräch. Er kommt aus Amsterdam und besucht gerade mit seiner Frau die Schwiegereltern. Sie haben einen Ausflug zum nördlichsten Punkt in Japan gemacht und sind nun auf dem Rückweg. Wir unterhalten uns viel über Japan. Sie sind auch beide sehr interessiert an meiner Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn und ich zeige ihnen meine Fotos auf dem iPad. Leider muss ich den Zug bald verlassen, um in Asahikawa den Japan Rail Pass zu besorgen.
Ohne Probleme finde ich das Tourist Office. Sofort kommt ein Mann und führt mich an den wartenden Menschen vorbei zu einem Sonderschalter. Hier werde ich bevorzugt abgefertigt. Ich muss meinen Pass zeigen, denn der Japan Rail Pass ist nur für nicht in Japan Lebende. Alle Daten werden sorgfältig noch einmal in ein Formular übertragen und dann halte ich das begehrte Stück in meinen Händen. Nun kann ich 7 Tagen lang alle JR Eisenbahnen nutzen, soviel wie ich will. Auch die schnellen Eisenbahnen, die hier Shinkansen genannt werden, darf ich benutzen. Man muss den Gutschein dafür aber bereits im Ausland bei einem Reisebüro oder JAL erwerben. Ich erhalte auch gleich noch ein Reservierungsticket für meine Weiterfahrt nach Sapporo.
Die Landschaft ist hügelig und immer mal wieder durchfahren wir kurzen Tunnel. Alles ist dicht bewaldet. Hokkaido ist wirklich ein Bereich für Naturfans. Man sieht wilde Bäche und Flüsse, aber auch viele Felder und Bauerhöfe.
Gegen 13:00 erreiche ich Sapporo Station, wie der Hauptbahnhof von Sapporo heißt. Mein Hotel liegt allerdings etwas außerhalb der Stadt. Ich muss mit einem anderen Zug zur Station Shin-Sapporo. Überall auf den Bahngleisen steht kompetentes Personal, was mir sofort die notwendigen Auskünfte gibt. Auf dem Nebengleis fährt schon in ein paar Minuten der Zug ab. Die Japanischen Bahnen (Japan Railways, oder JR abgekürzt) sind ein Musterbeispiel für Pünktlichkeit. Bei allen Fahrten bisher hat der Zug nicht mal eine Minute Verspätung, egal ob es sich um einen lokalen Bummelzug oder einen Schnellzug handelte.
Im Zug erklärt mir ein hilfsbereiter Japaner, der wie fast alle hier gut Englisch kann, dass es bis zu meinem Hotel nur 100 Meter seien. Wunderbar denke ich, und beim Einfahren in die Station sehe ich schon den hohen Turm des Sheraton Sapporo, ein echter Geheimtipp unter den Hotels in Sapporo. Obwohl das Hotel ein 4 Sterne Hotel ist, kostet das Zimmer nur 7500 Yen (ungefähr 70 EUR). Es liegt wahrscheinlich an der Lage des Hotels. Aber mit der Bahn, die in 8 Minuten Mitten in Sapporo ist, ist das nicht wirklich ein Problem.
Die Rezeption ist überfreundlich. Ein Boy hilft mir mit dem Gepäck und bringt mich bis hoch ins Zimmer im 23. Stock. Er ist mehr als freundlich und zeigt mir in gebückter Haltung alle Annehmlichkeiten des Zimmers. Immer wieder verbeugt er sich vor mir und etwas schüchtern tue ich das auch.
Da die Zeit für eine Stadtbesichtigung schon fortgeschritten ist, mache ich mich sofort wieder auf den Weg zurück in die Innenstadt von Sapporo. Vorher muss ich allerdings noch die Reservierungstickets für meine Züge nach Tokio besorgen. Am Ticketschalter wartet schon wieder eine freundliche Japanerin darauf mir helfen zu dürfen. Sie führt mich wieder an einen bevorzugten Schalter und in Windeseile stellt die Dame am Schalter die benötigten Tickets aus. Die Reservierung ist für die Inhaber des Japan Rail Passes kostenlos. Sie kontrolliert alle Daten noch einmal gewissenhaft und übergibt mir die Scheine in einem kleinen Umschlag mit beiden Händen, so wie es hier überall üblich ist. Ja, es macht schon sehr viel Spaß die Serviceorientiertheit der Menschen hier erleben zu dürfen.
Im Reiseführer finde ich einige interessante Stellen, die ich im Schnelldurchgang aufsuchen muss. Auf dem Stadtplan versuche ich die Entfernungen abzuschätzen. Alles liegt doch ziemlich weiträumig und so beschließe ich die erste Station aus Zeitgründen mit dem Taxi anzufahren. Der Taxifahrer bringt mich zum Sapporo Biermuseum. Hier hat man um 1850 mit dem Bierbrauen angefangen. Das Wissen dazu stammte aus Deutschland. Der Gründer der Brauerei hat sein Wissen in Bayern erlernt. Der Museumsbesuch ist kostenlos. Leider wurde im Jahr 2005 entschieden, die Bierprobe nun nicht mehr frei sondern kostenpflichtig anzubieten. Aber egal, die 400 Yen sind es allemal wert.
Mit dem Bus fahre ich wieder zurück zum Bahnhof um von dort meinen Gang durch die Stadt zu starten. Erste Station ist der berühmte Uhrenturm, das Wahrzeichen der Stadt Sapporo. Er wurde bei einer Schule zur Erziehung der Kinder zur Pünktlichkeit erreichtet. Mein weg führt weiter zum Fernsehturm. Hier kann man hochfahren und so einen phantastischen Blick über die Stadt haben. Die Plattform befindet sich in 90 Meter Höhe. Der Rundumblick über die Stadt ist sehr spektakulär und man erkennt wie groß diese Stadt ist.
Draußen beginnt es bereits zu dämmern. Ich habe noch den berühmten Odoripark und das Susukino-Viertel auf meiner Liste. Um mich zu stärken mache ich einen kurzen Stopp im McDonalds. Hier findet man nur junge Japaner. Die meisten kommen wohl gerade aus der Schule, denn sie haben noch alle die Schuluniformen an.
Im Susukino-Viertel wimmelt es nur so von Menschen. Überall sind Geschäfte und Restaurant. Die Restaurant stellen ihre Speisen in Plastikmodellen in großen Schaufenstern aus. So braucht man nicht einmal lesen können. Die Preise sind wirklich gesalzen und man kann hier ohne Probleme 100 EUR pro Person für ein Abendessen ausgeben.
Langsam mache ich mich auf den Fußmarsch zurück zur Sapporo Station und schwimme im Meer der Pendler, die das gleiche Ziel haben.
Müde erreiche ich mein Hotel. Ich wasche noch schnell ein paar Hemden und Socken. Durch das viele Schwitzen braucht man doch viel frische Wäsche. Das Abendessen will ich eigentlich im Hotel einnehmen, aber als ich das europäische Buffet sehe, drehe ich um und wage den Ausgang in die unbekannte Restaurantwelt von Sapporo. Schräg gegenüber des Hotels macht eine japanische Frau lautstark Werbung für ihr Restaurant. Sie zeigt mir sogar die bebilderte Speisekarte. Alles sieht gut aus und ich vertraue ihr mal.
Das Personal im Restaurant überschlägt sich wieder fast vor Freundlichkeit. Ich werde zum Platz geleitet und schon soll ich bestellen. Aber ich muss mir erst einmal die Karte ganz genau anschauen. Dort sind auch ziemlich exotische Sachen drauf. Wie Schweineohren oder Schweinezunge. Ich bleibe bei Spießen aus Schweinefleisch und Hähnchen. Dazu Reis. Die Kellnerin macht mich noch darauf aufmerksam, dass die Spieße mit Wasabi, dem japanischen Meerrettich, sehr scharf seien. Aber ich sage ihr, dass das kein Problem ist. Dazu bekomme ich das Bier in eisgekühlten Gläsern. In wenigen Minuten ist das Essen da und alles schmeckt sehr gut. Die Wasabi-Spieße rauben mir zwar kurzfristig den Atem, aber schnell beruhig sich mein Gaumen wieder. Es ist eine sehr angenehme Schärfe.
Satt und zufrieden komme ich wieder zurück in mein Zimmer. Morgen früh werde ich mit dem ersten Zug um 06:32 zurück nach Sapporo fahren um von dort die 10 Stunden lange Zugfahrt nach Tokio anzutreten.