Archiv für die Kategorie „Sachalin“

postheadericon Warten auf die Fähre

Im Halbschlaf höre ich wie sich Polina für die Arbeit fertig macht. Ich drehe mich noch einmal genüsslich um, schließlich habe ich ja Urlaub. Gegen 10:00 Uhr wache ich auf. Ja, ich habe die schnelle Zeitumstellung immer noch nicht richtig verkraftet, aber irgendwie lohnt es sich jetzt auch nicht mehr. In Japan werde ich nur 7 Stunden Zeitdifferenz zu Deutschland haben, zwei weniger als hier. Japan hat keine Sommerzeit, denn normalerweise beträgt die Zeitdifferenz 8 Stunden.

Ich recherchiere im Internet die weiteren Stationen meiner Reise. Bisher hatte ich mich touristisch nur auf Russland vorbereitet. Um die ganzen Informationen zu Japan hatte ich mich bisher gar nicht gekümmert. Nun muss ich Zugpläne finden, überlegen, wo und wie ich dort übernachte etc. Aber Dank Google ist das heute alles kein Problem und so werde ich schnell fündig. Ich dachte gar nicht, dass ich noch so lange Strecken in Japan mit der Bahn fahren muss. Aber zum Glück habe ich ja den Japan Rail Pass, mit dem ich zum Pauschalpreis alle Züge in Japan benutzen kann.

Polina hat mir den Tipp gegeben, doch mal das Heimatmuseum anzuschauen. Es ist in einem ehemaligen japanischen Verwaltungsgebäude untergebracht. Draußen scheint die Sonne und es ist für die Gegend hier ungewöhnlich warm. Das Wandern durch die Sonne bringt mich schon wieder schnell zum Schwitzen und über die Mittagszeit sind die Schatten wirklich rar. Aber dank der guten Wegbeschreibung finde ich schnell das Museum. Es ist sehr beschaulich aber hoch interessant. Sachalin hat eine sehr wechselvolle Geschichte hinter sich. Mal besetzten die Japaner die Insel und benutzten sie als Strafgefangenen-Kolonie für koreanische Gefangene, mal teilten sich Russland und Japan die Verwaltung. Die Grenze war damals der 50. Breitengrad, der die Insel in einen Nord- und Südteil trennte. Seit 1945 haben die Russen die Insel komplett erobert und zu ihrem Territorium erklärt.

Das Museum zeigt auch viele Details zur großartigen Natur der Insel, Fauna und Flora sind sehr beeindruckend dargestellt, incl. zwei ausgestopfter Bären in Lebensgröße. Denen möchte ich in der Natur nicht begegnen.

Ich laufe noch ein wenig in der Gegend rum und entdecke einen Außenpark für stillgelegte Kriegsmaschinerie, Flugzeuge, Panzer und Geschütze. Wahrscheinlich gehört der Teil auch zu dem Heimatmuseum.

Danach mache ich mich zu Fuß wieder in die Innenstadt rund um den Hauptbahnhof und beobachte das Treiben in der Stadt. Überall laufen die Frauen noch in ihren hochhackigen Schuhen rum, genauso wie in Moskau, obwohl wir hier fast 12000 km von Moskau entfernt sind.

Zurück in der Wohnung ruhe ich mich erst einmal ein wenig aus. Polina muss heute lange arbeiten und wird erst gegen 19:00 wieder von der Arbeit zurück kommen. Danach wollen wir Essen gehen. Sie erscheint pünktlich und wir machen uns sofort auf den Weg. Unterwegs treffen wir noch ihren Kollegen, der auch gerade von dem nahe gelegenen Büro nach Hause geht. Dort warten noch zwei Franzosen auf ihn, die ihn auch über Couchsurfing gefunden haben. Die Franzosen sind auf dem Weg von Japan nach Moskau, also auf dem genau entgegen gesetzten Weg wie ich. Das verspricht interessant zu werden. Auf dem Weg zum Restaurant zeigt mir Polina noch ihr Bürogebäude. Es ist das schöne Office-Gebäude, von dem ich dachte, es sei ein russisches Verwaltungsgebäude.

Wir gehen in ein kanadisches Restaurant. Es hat aber eine normale Speisekarte und auch russisches Personal. Der Abend ist extrem spannend. Jeder erzählt von seinen Erlebnissen in der fernen Welt. Und alle sind bereits sehr weit rumgekommen in ihrem Leben. Auch die Freundschaft unter den Nationen ist sehr schön zu erleben.

Müde und glücklich gehen wir den kurzen Weg zur Wohnung. Ich muss jetzt noch alles packen, denn morgen früh um 06:00 muss ich mich auf den Weg zur Fähre machen.

 

postheadericon Ausflug nach Korsakov

Da Polina, meine Gastgeberin hier auf Sachalin, noch den ganzen Tag arbeiten muss, lasse ich mir Zeit. In aller Ruhe gehe ich Frühstücken in dem schicken italienischen Restaurant des Hotels. Danach packe ich in Ruhe meine Sachen und verstaue sie im Gepäckraum des Hotels. Hier können sie den Tag über bleiben und ich kann unbeschwert meine Ausflüge machen.

Erst einmal steht der Ticketkauf für die Fähre nach Japan auf dem Programm. Das Ticket hatte ich schon per Internet vorbestellt, nun muss ich mir aber noch den Original “Boarding Pass” im Reisebüro Bitomo abholen. Dank meiner Recherche von gestern finde ich das Büro auch schnell wieder und eine kleine freundliche Japanerin stellt mir das Ticket aus. Ich erhalte dabei auch einen Umschlag mit einem Bild der Fähre, ein unschlagbarer Vorteil, wie sich später herausstellen wird. Ich frage die Kleine noch nach der Straße der Wohnung meiner Gastgeberin. Sie druckt mir schnell einen Ausschnitt des Stadtplans aus. Allerdings findet sie nicht die angegebene Hausnummer 14. Nach dem Stadtplan existiert das Gebäude mit der Nr. 14 gar nicht. Da sich die Straße ganz in der Nähe befindet, beschließe ich jetzt unbelastet ohne Gepäck die Adresse zu suchen. Ich laufe den langen Prospect Mira entlang und sehe bald schon einige Hochhäuser, die als Adresse in Frage kommen können. Erst verlaufe ich mich und lande bei Hausnummer 24, dann war es aber eine Sache von Minuten und ich stehe vor dem Haus mit der Nr. 14. Es existiert also doch und ist ein recht modernes neues Hochhaus. Das lässt auf eine schöne Wohnung hoffen.

Paulina will ab 18:30 in der Wohnung sein und ich habe jetzt noch 6 Stunden Zeit. Da am Mittwochmorgen die Fähre von Korsakov schon sehr früh abfahren wird, beschließe ich einen kurzen Erkundungstrip nach Korsakov. Auch dies stellt sich später als sehr angebracht heraus. Für 100 Rubel (2,50 EUR) fahre ich in einem japanischen Minibus nach Korsakov. Schnell verlassen wir die Stadt und dann geht es über Hügelketten zum südlichen Hafen der Insel Sachalin. Dieser Industriehafen wird zweimal in der Woche von einer Fähre nach Japan bedient, die mich dann nach Wakkanai bringen soll. Unterwegs werden wir von einem Audi Q5 überholt. Das ist wirklich ein besonderes Ereignis, denn hier sieht man ausschließlich japanische Autos. Deutsche Autos existieren hier nicht. Schon bald taucht der Pazifik wieder am Horizont auf und schon bald danach erreichen wir das kleine Städtchen Korsakov. Es ist wirklich nicht sehr malerisch hier, es ist eher von dem grau-in-grau der Industrieanlagen geprägt. Nach mehreren Stopps in der Stadt erreichen wir den Endpunkt des Minibusses und nun muss auch ich aussteigen. Hier befindet sich ein kleiner lokaler Markt, wo russische Frauen ihr Gemüse verkaufen. Ich sehe zwar Hafenanlagen, aber von einem Schild zu meiner Fähre ist weit und breit nichts zu erkennen. Ich laufe in die einzelnen Höfe rein und schaue mich verzweifelt um. Nichts, aber auch gar nichts deutet darauf hin, dass hier eine Fähre nach Japan abfahren wird. Gut, dass mir das nicht am Mittwochmorgen passiert, ich hätte bestimmt Panik bekommen. Ich gehe zu einem bewachten Firmentor und frage die Wachfrau. Gott-sei-Dank habe ich das Foto der Fähre dabei. Sie schüttelt nur den Kopf, aber dann kommt ein Mann zur Hilfe. Er kennt die Fähre und schickt mich eine Straße entlang. Ich frage, ob es wohl 100 Meter seien und er antwortet, dass es wohl so 200 Meter seien. Soviel russisch kann ich nun schon. Ich laufe die 200 Meter an einer grauen Betonmauer entlang und komme dann zu einer Einfahrt. Einige LKW stehen davor und warten. Ich schaue mich wieder nach eine Schild um, nichts, rein gar nichts. Zwei Bauarbeiter in orangen Westen sprechen mich an. Auch denen zeige ich das Bild der Fähre und einer der Männer nickt mit dem Kopf und schickt mich zu einem kleinen Häuschen. Hier zeige ich wieder das Bild aber die Frau schaut mich etwas ungläubig an. Sie sagt, dass die Fähre hier abfährt aber ich meine zu erkennen, dass sie wegen des Datum verwirrt ist. Die Fähre fährt ja erst in 2 Tagen ab.

Ich bin erleichtert das Abfahrtsterminal gefunden zu haben. Nun laufe ich noch etwas durch Korsakov und lande im Café “Pinguin”. Das war sogar im Internet als gut empfohlen worden. Ich bestelle ein Bier und bekomme auch die Menükarte, die ich lange studiere. Alles nur russisch. Ich entdecke einen Krabbensalat mit Mayonnaise. Erst habe ich gewisse hygienische Bedenken, aber hier an der See kommt der Fisch ja täglich frisch, so hoffe ich.

Der Salat kommt und sieht sogar ganz ansprechend aus. Dazu ordere ich sogar noch ein Stück Brot nach. Das Mahl schmeckt vorzüglich und ich denke, manchmal muss man auch mal ein kleines Risiko eingehen.

Langsam wird es Zeit für die Rückfahrt. Die Minibusse stehen schon bereit und fahren ab, sobald genügend Passagiere im Auto vorhanden sind. Als letzter Passagier darf ich sogar auf dem Vordersitz Platz nehmen. Der Fahrer unterhält sich nett mit mir. Er hat eine Schwester, die in Frankfurt wohnt. Unterwegs mache ich ein paar Fotos und der Fahrer verlangsamt wegen mir seine Fahrt, damit ich für die Schnappschüsse genügend Zeit habe. Unterwegs sehen wir noch mitten auf der Straße einen umgestürzten Lastwagen, der nun mühsam mit einem Schaufelbagger entladen werden muss. Am Hauptbahnhof verabschiedet sich der Fahrer herzlich von mir.

Mit dem Bus 63 fahre ich zurück ins Hotel um meine Sachen zu holen. Es ist mittlerweile unendlich schwül geworden. Schnell schnalle ich meinen Rucksack um und fahre mit dem gleichen Bus wieder zurück in die Stadt. Die Schaffnerin will diesmal den doppelten Fahrpreis haben, weil ich einen so großen Rucksack dabei habe. Als ich aus dem Bus steige bekomme ich eine SMS von Polina. Sie fragt mich, wann ich denn ankomme. Ich antworte ihr schnell und sie kommt gleich runter vor das Haus und begrüßt mich herzlich. Sie ist extra von der Arbeit heimgekommen und muss auch gleich wieder weg zurück zur Arbeit, da sie noch ein wichtiges Meeting hat. Sie kocht mir noch einen Tee und nach 10 Minuten ist sie wieder verschwunden.

Nach 2 Stunden kehrt sie geschafft zurück. Zum Abendessen macht sie einen herrlichen Meeresfrüchtesalat mit Gemüse und Reis. Alles schmeckt sehr gut und wir unterhalten uns über ihre interessante Arbeit. Sie ist Korrosionsexpertin und bei einer Ölfirma  (Exxon) angestellt. Sie untersucht die Ursachen und Vermeidung von Korrosionen in Pipelines und fliegt auch sehr oft auf die Ölplattformen draußen im Meer. Eigentlich will sie ja nicht auf Sachalin wohnen, weil das Wetter hier immer so schlecht ist, aber der Job ist wohl so gut bezahlt, dass sie erst mal ein paar Jahre bleiben will. Auch interessiert sie sich sehr für Deutschland, von Wirtschaft über Politik bis zu den Familienverhältnissen.

Wir haben einen schönen Abend. Sie überlässt mir ein Zimmer mit einem großen Bett. Sie selbst schläft auf der Couch im Wohnzimmer. Was für eine Gastfreundschaft, die ich hier zu meinem Abschluss in Russland erfahre. Um 22:00 will sie schlafen gehen, weil sie morgen früh raus muss. Ich verabschiede mich von ihr und ziehe mich in mein Zimmer zurück.

postheadericon Italienischer Luxus auf Sachalin

Sergej hatte mir schon am Vorabend erzählt, dass die Überfahrt “nur” so rund 14 Stunden dauern würde. Da wir um 14:00 abgefahren sind, würden wir also gegen 4:00 Uhr ankommen. Ich habe also schon alles vor dem Schlafen gehen fertig gepackt, um auch sofort starten zu können, wenn wir den Hafen erreichen. Um 3:20 klopft es an meine Kabine und das Klopfen hört erst auf, als ich die Türe öffne. Man will wohl sicher sein, dass der Gast auch wirklich wach ist. Ich habe nicht viel geschlafen und bin entsprechend zerknirscht. Ich schaue aus dem Fenster meiner Kajüte und kann schon die Lichter der Hafenstadt Kholmsk auf der Insel Sachalin sehen. Aber es dauert dann doch eine ganze Weile bis wir in den Hafen einlaufen. Vor der Hafenmauer dreht der Kapitän das Schiff um 180 Grad und fährt dann rückwärts an die Kaimauer. Die Leute machen noch keine Anstalten von Bord zu gehen und ich bleibe ruhig, denn ich habe keine Lust unten in dem stickigen Schiffbauch mit dem schweren Rucksack zu stehen. Dann kommt eine freundliche Dame und schmeißt mich aus der Kabine, denn sie will putzen. Ich quäle mich durch die engen und niedrigen Gänge des Schiffes. Wenn ich aufrecht gehe, stoße ich oben mit dem Rucksack an die Lampen an der Decke. Also muss ich in gebückter Haltung den Weg lang gehen. Dann folgt eine steile Treppe drei Etagen runter in den Bauch des Schiffes. Schon stehe ich in der Menschenmenge, die von Bord will. Sergej ist auch da. Wir unterhalten uns noch ein wenig und suchen uns einen ungestörten Platz. Auch er hat einen schweren Rucksack dabei. Langsam setzt sich die Schlange in Bewegung. Am Ausgang des Schiffes werden unsere Pässe kontrolliert. Als ich an der Reihe bin werde ich als einziger Ausländer aussortiert und gebeten am Rande zu warten. Als alle anderen Passagiere von Bord sind fragt mich die Beamtin nach einer Hotelbuchung, die ich für Sachalin aber nicht habe. Ich wollte ja hier privat unterkommen. Ich sage einfach, dass ich im Hotel Mira gebucht habe. Sie will aber den Gutschein sehen. Gott-sei-Dank eilt mir aber Sergej zu Hilfe. Er übersetzt, dass ich das Hotel nur online gebucht habe und deswegen keinen Ausdruck habe. Als ich dann noch den Ticket-Gutschein für die Überfahrt nach Japan zeigen kann, scheint sich die Lage zu klären. Ich soll noch warten. Dann kommt die Beamtin und fragt nach Kopien von meinem Pass. Ich habe sogar eine dabei und kann sie ihr geben. Sie braucht damit nicht ihren alten klapprigen Kopierer aufzuwärmen. Wir warten noch ca. 20 Minuten und dann erhalte ich erleichtert meinen Pass zurück. Sergeij hat sich mittlerweile nach dem Bus in die Hauptstadt der Insel erkundigt. Es soll um 6:00 gehen. Jetzt ist es erst 4:45, also noch ziemlich viel Zeit. Wir gehen vor das Hafengebäude und auf dem Vorplatz stehen noch ein paar ziemlich angeheiterte Nachtschwärmer rum. Aber alles sieht friedlich aus.
Ich denke, dass ich so früh meinen Gastgeber nicht aus dem Bett schmeißen sollte und buche online über das iPad das Hotel Mira für eine Nacht. Nach Kritiken im Internet soll das italienisch geführte Hotel sehr gut und günstig sein. Mir wird etwas mulmig, als ich mitten in der Nacht meine Kreditkarte ziehen muss um die Nummern in die Buchungsmaske einzugeben. Aber alles geht schnell vonstatten und ich habe ja auch noch Sergej an meiner Seite.
Um kurz vor 6 kommt der Bus. Der Busfahrer muss Unmengen von Taschen und Gepäckstücken verstauen und schon geht die Fahrt los. Direkt am Ortsausgang windet sich die Straße in steilen Serpentinen bergan. Die Insel ist in diesem Teil sehr gebirgig. Die Straßen sind aber in einem ganz passablen Zustand und so kann der Fahrer ziemlich schnell fahren. Wir überholen mit dem großen Bus sogar ein paar PKW. Über der ganzen Insel liegt der Schleier des Seenebels. Man blickt nur in die weite Natur und nur sehr selten sieht man mal ein paar Häuser. Der Weg bis zur Hauptstadt Juschno-Sachalinsk beträgt ungefähr 90 Kilometer und so kommen wir gegen 7:30 am Vorplatz des Bahnhofs an. Dieser dient als Busbahnhof für die offiziellen und privaten Buslinien.
 Sergej kennt sich in der Stadt gut aus. Als ich ein Taxi zum Hotel nehmen will, meint er, dass dies viel zu teuer sei. Wir laufen deswegen die breite Straße entlang bis zur passenden Bushaltestelle. Als der Bus 63 kommt, ist dieser bereits gut gefüllt. Ich denke noch, was machen all diese Menschen so früh am Sonntagmorgen hier im Bus. Unsere beiden Rucksäcke versperren den kompletten Gang des Busses, aber niemand beschwert sich beim nun mühsamen Ein- und Aussteigen. Nach wenigen Stationen erreichen wir unser Ziel. Das Hotel ist bald gut sichtbar, nur können wir die Eingangstüre nicht finden. Wir laufen um den ganzen umzäunten Komplex und finden den Eingang auf der Rückseite. Ich verabschiede mich sehr herzlich von Sergej und wir versprechen uns in Kontakt zu bleiben. Er hat es sich nicht nehmen lassen mich bis ins Hotel zu bringen.
Drinnen bin ich angenehm überrascht von dem modernen italienischen Ambiente. Die Empfangsdame ist freundlich, kann aber meine Reservierung nicht finden. Erst als ich ihr sage, dass ich die Buchung erst vor 2 Stunden gemacht habe, wird sie in ihrem Mailpostfach fündig.
Auch das Zimmer ist hervorragend. Das ist definitiv das beste Hotel, was ich auf der ganzen Reise hatte. Ich mache mich erst mal frisch und gehe dann sehr gut frühstücken. Im Speisesaal bin ich fast allein. Danach muss ich erst einmal ein paar Stunden Schlaf nachholen.
Mit dem gleichen Bus 63 fahre ich wieder in die Stadt zurück. Ich steige am Theater aus. Leider habe ich keine Zeit für eine Vorstellung hier. Außerdem haben jetzt fast alle Theater ihre Sommerpause. Mein Weg führt mich weiter die große Straße entlang und schon bald erreiche ich den in jeder Stadt vorhandenen Lenin-Platz. Er liegt direkt vor dem Bahnhof. Überall sonnen sich die Leute auf den Bänken der Parkanlagen. In einigen Brunnen findet man leider auch die Reste nächtlicher Alkoholexzesse. Juschno-Sachalinsk soll die Stadt sein, die die höchste Rate an Jugendkriminalität in ganz Russland hat.
Ich gehe weiter durch das Bahnhofsgebäude und studiere die Fahrpläne. Ich muss am Mittwoch nach Korsakov fahren, wo meine Fähre nach Japan abfahren wird. Der Ort liegt 40 km weit weg an der südlichen Küste von Sachalin. Aber vielleicht nehme ich doch einfach den Bus. Der fährt öfter und ist viel schneller.
Am Rande des Bahnhofes entdecke ich ein kleines Eisenbahnmuseum mit alten schmalspurigen Eisenbahnen aus der japanischen Zeit. Um die Insel haben sich Russland und Japan mehrfach gestritten bis sie 1945 endgültig an Russland viel. Ein Großteil der Infrastruktur im Südteil der Insel stammt allerdings von den Japanern.
Später lese ich im Internet mehr über die Geschichte von Sachalin. Unter anderem, dass hier in 1983 ein vollbesetzter Jumbo der Korean Airways von den Russen abgeschossen wurde, weil die das Passagierflugzeug mit einem amerikanischen Aufklärungsflugzeug verwechselt haben. Der Kapitän der Korean hatte damals den Autopilot falsch eingestellt und war so erhebliche Kilometer von seinem Kurs abgewichen und ohne Genehmigung in den russischen Luftraum eingeflogen.
Man hat rings um Sachalin die größten russischen Öl- und Erdgasvorkommen entdeckt und baut gerade riesige Pipelines vom Norden der Insel in den eisfreien Süden. Das Projekt hat gigantische Ausmaße und steht bei den Naturschützern natürlich heftig in der Kritik.
Ich gehe weiter die Leninstraße entlang und entdecke die Straße, in der sich das Reisebüro befindet, wo ich mein Ticket abholen soll. Obwohl die am Sonntag geschlossen haben, suche ich trotzdem den Laden und werde erst nach einem sehr langen Fußmarsch bis an das Ende der Straße fündig.
Nun reicht es mir und ich fahre wieder mit dem Bus zurück ins Hotel. Das Busfahren ist wie überall in Russland extrem günstig. Man braucht immer nur wenige Cent für eine Fahrt.
Ein gutes italienisches Abendessen habe ich mir nun wirklich verdient. Das Restaurant ist auch wirklich erstklassig und das Personal ist sehr gut geschult. Ich genieße die Zeit hier, obwohl ich ganz alleine in dem riesigen Saal bin. Erst ganz zum Schluss kommen noch ein paar Italiener, die aber als Gruppe viel zu palavern haben.
Müde gehe ich hoch auf mein Zimmer und schaue mal wieder einen Sonntagabend Tatort auf meinem iPad. Der Aufwand, die DVD-Sammlung mit Lena Odenthal vorab zu digitalisieren, hat doch gelohnt.