postheadericon Stadtbesichtigung Ulaanbaatar

Schon um 5:00 Uhr weckt uns die Provodniza. Es ist eigentlich noch viel zu früh und ich würde gerne noch ein paar Minuten weiter schlafen. Aber Paul ist schon voller Elan und packt seine Sachen zusammen, die er zuvor überall im Abteil verstreut hatte. Draußen geht langsam die Sonne über der weiten Steppe auf. Die Landschaft hat sich seit dem Baikalsee wirklich sehr verändert. Wir fahren durch endlos lange Steppentäler die links und rechts durch Hügel begrenzt sind. Die Erbauer der Eisenbahnstrecke haben sich hier die einfachste Möglichkeit zum Bau ausgesucht.

Pünktlich um 06:30 Uhr fahren wir in den Bahnhof von Ulaanbaatar ein. Schon aus dem Fenster erblicke ich meine Abholerin, die ein Schild mit meinem Namen trägt. Hier bin ich zu Gast bei Idre’s Guesthouse, einem Hostel, das ich im Internet gefunden hatte. Die Dresdner Studenten haben hier auch gewohnt und es sehr gelobt. Mit einem bezauberten Lächeln empfängt mich eine junge Frau und bringt mich zum bereit stehenden Wagen. Wir fahren nur 2-3 km und ich bin gleich positiv überrascht. Es gibt viele Mädchen, die hier Dienst tun und sich gleich emsig um Alles kümmern. Ich bekomme ein hübsches Einzelzimmer (leider in direkter Nachbarschaft zur allgemeinen Duschanlage) und die Mädchen machen Tee für das schon bereitstehende Frühstück. Hier mache ich die Bekanntschaft von vielen jungen Leuten, aus Kalifornien, Schottland, Irland, Frankreich und natürlich Deutschland. Alle sind irgendwie viel länger als ich unterwegs. Die meisten fahren erst dann wieder Richtung Heimat, wenn aus dem Geldautomat nichts mehr rauskommt. Erst werde ich ein wenig neidisch, aber für mich ist es besser einen festen Plan zu haben.

Ich ruhe mich noch ein wenig aus, da die Nacht im Zug doch extrem kurz war. Aber schon bald packt mich der Tatendrang und ich will mit der Kamera und dem Reiseführer bewaffnet die Stadt erobern. Schon auf den ersten 100 Metern fühle ich mich in einer total fremden Welt. Die Menschen sprechen als sei es ein Gemisch aus indianisch und chinesisch, alles mit extrem vielen Zischlauten. Zuerst laufe ich mal Richtung der Prachtstraße “Prospekt des Friedens”. Hier soll sich das Geschäftsleben in der Stadt abspielen. Gleichzeitig führt diese Straße auch zu dem zentralen Platz der Stadt. Auf dem Weg dorthin tausche ich in einer Bank etwas Geld um. Die Landeswährung heißt Tukruk (Mehrzahl Tukrik) und ich muss mich erst einmal an die großen Scheine gewöhnen (ein USD ca. 1300 Tugrik, ein Euro ca. 1650 Tugrik).

Irgendwie misstrauisch laufe ich durch die Stadt. Im Reiseführer wurde sehr vor Taschendieben gewarnt, Matthias aus Dresden hatte mir auch erzählt, dass in der Zeit, als er in Ulaanbaatar war, ein Mann aus einer Bank kommend verfolgt wurde und dann mit einem Messer in den Rücken gestochen wurde. Aber nichts von dem geschieht. Schon nach wenigen Metern erreiche ich den “Central Department Store”, das größte Kaufhaus. Von außen sieht das Gebäude sehr markant aus und drinnen fühlt man sich wie in Frankfurt, London oder Paris. Unten geht es los mit der Parfümabteilung und weiter nach oben kommen die unterschiedlichen Konfektionsabteilungen. Alles ist hoch edel und ich frage mich, wer hier von der einheimischen Bevölkerung einkaufen gehen kann. Ich sehe kaum Kunden und je höher ich gelange, umso leerer werden die Flächen. In der obersten Etage ist fast gar nichts mehr an Geschäfte vermietet und man steht in einer riesengroßen leeren Halle. Hier ist also noch viel Raum für Entwicklung.

Schnell verlasse ich den Shopping-Tempel wieder und teste gleich gegenüber ein nettes kleines Restaurant mit dem Namen “Berlinburger”. Wie ich richtig vermutet hatte ist es ein Schnellrestaurant, das aber gar nicht die typische Burger im Angebot hatte. Es werden eigentlich ganz normale Speisen, die ich mir auf einer Bildtafel und am Buffet anschauen kann, angeboten. Die Bestellung funktioniert problemlos mit dem Zeigefinger und die Kassiererin hilft mir mit den Geldscheinen, in dem sie sich aus dem riesigen Geldbündel, was ich in der Hand habe, die richtigen Scheine herauspickt. Münzen gibt es hier gar nicht. Als ich dann nachrechne habe ich für 2 EUR ein komplettes Mittagsmahl bekommen, bestehend aus Kartoffelbrei, Reis, Rindergeschnetzeltes und Krautsalat und dazu frisch gepressten Orangensaft.

Frisch gestärkt mache ich mich weiter auf den Weg in die Innenstadt. Der Verkehr ist chaotisch. Alles hupt und bewegt sich dabei nur Zentimeter nach vorne. Auf der großen Kreuzung von dem zentralen Platz der Stadt kämpft ein Polizist mit Pfeife und Handzeichen, um irgendwie Ordnung in den Verkehr zu bringen. Unter Einsatz meines Lebens versuche ich die Straßen zu überqueren. Es gibt kaum Fußgänger-Ampeln und selbst wenn die auf grün stehen, muss man sehr aufpassen um nicht überfahren zu werden. Aber vielleicht mache ich mir auch nur zu viele Gedanken. Die mongolischen Fußgänger stürzen sich auch mitten bei Rot auf die dicht befahrene mehrspurige Straße und kommen heil drüben an.

Um den Suchbataar-Platz, der nach dem kommunistischen Staatsgründer benannt ist, sind viele Sehenswürdigkeiten der Stadt gruppiert. Mitten auf dem Platz steht das neue Reiterdenkmal mit Dschingis Khan, dem Herrscher des mongolischen Weltreiches, das größte Reich, das je in der Geschichte der Menschheit existiert hat. Am hinteren Ende des Platzes befindet sich das beeindruckende Parlamentsgebäude. Gleich in der Nachbarschaft das Nationalmuseum für Geschichte der Mongolei, was ich auch gleich besichtige. Es gibt einen sehr guten Überblick über die Geschichte des Landes bis zur heutigen Zeit. Leider darf ich hier wieder keine Fotos machen.

Ich laufe noch weiter durch die Stadt und komme am Eisenbahnmuseum vorbei. Hier kann ich einige schöne Fotos von den Loks der vergangenen Zeiten machen und man erhält einen sehr guten Einblick in die Geschichte der mongolischen Eisenbahn, die sehr mit der Geschichte der Transsibirischen Eisenbahn verknüpft ist.

Müde erreiche ich das Guesthouse wieder und buche für die nächsten beiden Tage einen Ausflug in den nahe gelegenen Naturpark Terelji, der auch “Mongolische Schweiz” genannt wird. Dort werde ich auch in einem Ger (oder auch Jurte) genannten Zelt übernachten.

Voller Vorfreude auf die kommenden Tage beschließe ich den Abend ruhig, gehe in einem nahe gelegenen Restaurant noch kurz was Essen und schreibe noch ein paar Texte für meinen Blog.

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