postheadericon Auf dem Weg in die Mongolei

Gegen 09:00 wache ich auf. Dambi ist immer noch nicht zurück und so langsam mache ich mir Gedanken. Als Notplan beschließe ich spätestens um 10:00 den Bus in die Stadt zu nehmen. Es ist zwar ein Stück zu Laufen, aber ich wusste ja vom Vorabend wie ich in die Stadt kommen konnte.
Ich bleibe noch etwas liegen und gegen 10:00 Uhr gehe ich dann mal raus auf den Hof. Mir kommt eine mongolisch aussehende Frau aus dem Garten entgegen. Das kann nur Dambis Mutter sein. Ich versuche ihr zu erklären, dass ich versuche Dambi anzurufen und er aber das Handy ausgeschaltet hat. Sie scheint zu kapieren oder auch nicht und geht die andere Treppe hoch in den zweiten Eingang des Gebäudes. Hier wohnt wohl die Schwester mit Ihrer Familie. In der Nacht habe ich nebenan ein Baby schreien hören. Die Schwester kommt ganz aufgeregt nach draußen und redet nur russisch. Ich verstehe kein Wort aber mehr und mehr verständigen wir uns. Sie kann Dambi telefonisch auch nicht erreichen. Ich habe jetzt langsam genug und beschließe meinen Notfallplan loslaufen zu lassen. Als ich mit Rucksack wieder auf den Hof komme, hat sie Dambi am Telefon. Der erklärt mir mit verkaterter Stimme, dass er noch in der Stadt ist und in einer Stunde hier sein will. Mir ist das zu riskant und so bitte ich ihn seiner Schwester zu erklären, dass sie mir ein Taxi rufen soll. Irgendwie klappt das und ein alter Wolga fährt nach 10 Minuten vor. Drinnen sitzt ein sehr lustiger alter Herr und wir machen auf der Fahrt unsere Späße. Er setzt mich am Bahnhof ab und er weigert sich von mir auch nur einen Rubel anzunehmen. Wahrscheinlich hat die Schwester mal wieder ihren unzuverlässigen Bruder verflucht und einen Bekannten mit den Taxidiensten beauftragt.

Am Bahnhof steht Dambi. Der will sich noch das restliche Geld von mir geben lassen. Ich rechne im die Summe aus und wir verabschieden uns kühl.

Jetzt bin ich viel zu früh am Bahnhof und muss zwei Stunden warten. Aber das ist alle male besser als den Zug zu verpassen.

Heute verlasse ich den klassischen Weg der transsibirischen Eisenbahn und fahre über die transmongolische Strecke, die insgesamt bis nach Peking führt, bis zur Hauptstadt der Mongolei, Ulaanbaatar. Am Freitag werde ich aus der Mongolei wieder zurück nach Ulan-Ude kommen, um den Weg dann auf der klassischen Stracke wieder fortzusetzen.

Ich sitze in der Wartehalle und schaue auf die Anzeigetafel, aber das Gleis wird nicht angezeigt. Auch nicht für die Züge, die schon sehr bald abfahren. Irgendwie ist das Teil wohl defekt. In der großen Haupthalle entdecke ich dann einen Bildschirm und dort steht für meinen Zug in der Spalte die mit dem Buchstaben “L” überschrieben ist die Zahl 5. Ich kann mir das nicht richtig erklären, weil Bahnsteig auf Russisch mit “P” anfängt. Ich laufe dann über eine Treppe hoch und dann wieder runter zum Gleis 5. Weit und breit ist kein Zug zu sehen und auch keine Menschen, die auf den Zug warten. Dabei sollte der Zug schon lange eingetroffen sein. Leichte Panik befällt mich und ich laufe wieder zurück in die Halle. Dort steht immer noch die 5. In der Wartehalle sehe ich ein junges Backpacker Paar. Ich spreche sie an und ich habe Glück. Sie sind aus Slowenien und der Mann kann gut Russisch. In der Durchsage kam, dass der Zug verspätet ist und auf Gleis 1 abfährt, das direkt neben der Wartehalle liegt. Erleichtert warte ich die Ankunft des Zuges ab. Wir sind im gleichen Abteil und haben das gleiche Ziel: Ulaanbaatar in der Mongolei.

Die Eincheckprozedur habe ich ja nun schon zur Genüge beschrieben. Die Provodniza schickt mich zum Bett Nr. 21. Ich habe diesmal die sogenannte “Kupe”-Klasse gebucht, was 4 Bett-Abteil meint. Im Abteil ist ein junger Spanier, der aber schon nach kurzer Zeit zu seinen Freunden aus Spanien verschwindet und Paul, ein 61 Jahre alter, pensionierter Highschool-Lehrer aus Kalifornien. Nachdem er sich von seiner Frau getrennt hat, weil sie nach seiner Pensionierung nicht mit um die Welt reisen wollte, tourt er nun ein paar Monate durch Russland, Mongolei und China. Wir unterhalten uns über Gott und die Welt und er ist ein sehr angenehmer Fahrgast.

Irgendwie verschwatzen wir uns und wir merken gar nicht, dass wir bereits den russischen Grenzbahnhof Nauschki erreichen. Ab dem Zeitpunkt sind für 3 Stunden die Toiletten zugesperrt und der Restaurantwagen wird abgehängt.

Sofort nach dem Stopp kommen die russischen Grenzbeamten in den Zug und sammeln unsere Pässe ein um sie mit ins Büro zu nehmen. Die Befragung erfolgt wirklich sehr freundlich und mit einem Lächeln im Gesicht. Irgendwie hatte ich das anders in Erinnerung. Danach kommen noch Zollbeamte, die das Abteil sorgfältig untersuchen. Wir scheinen aber nicht auffällig zu sein und so verabschieden sie sich bald auch wieder.

Nun heißt es warten, warten, warten. Die ganze Prozedur dauert 3 Stunden. Aber immerhin dürfen wir raus auf den Bahnsteig. Dort treffe ich zwei nette Schweizer Studentinnen und wir unterhalten uns prächtig. Sie kennen sogar die Gegend der Mörlialp.

Nach knapp 3 Stunden werden wir wieder in die Wagons zurück getrieben und uns werden die Pässe ausgehändigt. Alles klar, das wäre erst mal geschafft. Die Schaffnerin macht jetzt auch mal schnell für 15 Minuten die Toilette auf und es bildet sich sofort eine lange Schlange. Die Fahrt geht 30 Minuten weiter über die Grenze in die Mongolei. Hier ist auch ein hoher Zaun aufgebaut, wie an der Grenze zu Weißrussland. Wir erreichen den Grenzbahnhof Suchbaatar und die gleiche Prozedur beginnt von vorne. Nur brauchen die Mongolen die Hälfte der Zeit. Mittlerweile geht draußen ein heftiges Gewitter nieder und die Klimaverhältnisse im Abteil werden unerträglich, es ist heiß und schwül. Ich hole schnell bei der Provodniza zwei Bier und so lässt es sich einigermaßen aushalten. Es ist schon stockdunkel als wir endlich unsere Pässe zurück bekommen und die Fahrt weiter geht. Da wir morgen früh gegen 5 Uhr geweckt werden, macht Paul schnell das Licht aus und bei dem gleichmäßigen Rattern der Räder schlafe ich fest ein.

1 Kommentar zu „Auf dem Weg in die Mongolei“

  • Andreas Dernbach:

    Hallo Michael,

    ich verfolge mit großem Interesse deine Berichte. Vieles erinnert mich an meine Zeit in Osteuropa (1994 bis ca. 2000). So lange es Pivo gibt, ist alles ok. Auf Russisch heisst das übrigens: ja chatschu pivo.

    Halt die Ohren steif, Andreas

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